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make the change
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weshalb wird ein Mensch zum Straftäter?

Liebe Freunde


Lasst uns über jene Menschen nachdenken, die wir Straftäter*innen oder Verbrecher*innen nennen.


Solche Menschen, die getötet, geraubt, die geschändet und vergewaltigt haben. Jene Menschen, die für unsere Gesellschaft den Abschaum repräsentieren. Jene Menschen, die für viele von uns keinen Pfifferling Wert haben, und die es nicht einmal verdient haben, in unseren Gefängnissen zu leben. Jene Menschen, die viel Leid verursacht haben und Schreckliches taten.


Ihre Handlungen, beziehungsweise Verbrechen können wir niemals schön reden. Das geht nicht. Wir können jedoch darüber nachdenken, weshalb ein Mensch zum/r Verbrecher*in wird.


Ist es nicht so, dass jedes menschliche Wesen als unschuldiges, kleines und hilfloses Menschlein geboren wird? Und ist es nicht so, dass wir bereits als dieses süsse Menschlein im Mutterleib unterschiedliche Umstände miterleben? Bevor wir überhaupt unseren ersten Atemzug nehmen, spüren wir auf irgendeine Art und Weise, wie willkommen wir hier auf unserer Erde sein werden.


Wie geht es der Mutter? Ist sie glücklich und zufrieden? Lebt sie beschützt und freudig in einer intakten Beziehung? Oder ist sie vielleicht allein und hat niemanden, der sie unterstützen wird?


Fragen, die wir uns stellen können.


Ein Teil jener Menschen, ich meine dieser Verbrecher*innen, sie verbrachten ihre Kindheit in schwierigen bis äusserst schwierigen Lebensumständen. Erlaubt mir ein Beispiel:


Vielleicht sah die Mutter als einzigen Ausweg, sich selber zu prostituieren. Sie wurde deswegen drogenabhängig und zu tiefst unglücklich. Folglich war es für sie nicht möglich, ihren Kindern die nötige Aufmerksamkeit und Liebe entgegenzubringen. Vielmehr waren die Kinder für sie eine grosse Belastung. Der Vater billigte diese Prostitution, denn immer wieder erlebte er grosse Enttäuschungen und Zurückweisungen. Mit der Zeit war er unfähig, den Lebensunterhalt selber zu verdienen. Er verfiel dem Alkohol. Dies hatte zur Folge, dass er keine Gewalt mehr über sich hatte und die Mutter verprügelte und den Sohn, beziehungsweise die Tochter damit auch nicht verschonte. Genauso wie er es, mit grosser Wahrscheinlichkeit, in seiner Kindheit selber erfuhr. Das Bewusstsein zur Veränderung, mittels Reflexion und Erkenntnis, ist hier meist nicht vorhanden.


Dieses Szenario kennen wir, nicht wahr liebe Freunde? Ich meine, wir haben solche Geschichten gelesen und Filme darüber gesehen. Wir können uns ganz genau vorstellen, wie schwierig es ist, sich als Kind aus diesen entsetzlichen und unwürdigen Umständen, ohne Hilfe befreien zu können. Ein paar von uns wissen es aus eigenen Erfahrungen. Diese haben sich möglicherweise nicht in der gleichen Dramatik abgespielt, aber immerhin uns in die eine oder andere Lage versetzt, um die Hilflosigkeit und eine grosse Überforderung zu spüren. Gegebenheiten, die uns klein und ängstlich machten, und die uns in eine Opferrolle hineindrängten.


Vielleicht kann ein jugendlicher Mensch oder ein Kind erkennen, dass es trotz all den vielen psychischen und physischen Unterdrückungen sowie Schändungen eine Wahl hat. Möglicherweise erkennt es, es könnte zu ihrer Lehrerin oder seinem Lehrer gehen oder zum Pfarrer*in respektive bei seiner Tante oder Nachbarin, um Hilfe bitten. Und eventuell hat einer dieser Menschen den Mut, dem Kinde zu helfen, ihm zu glauben, es zu beschützen und die notwendigen Schritte einzuleiten. Vielleicht erkennt diese hilfsbereite Person, das Kind oder die ganze Familie geht ihn etwas an. Dieses Kind, sein Vater und seine Mutter benötigen dringend Hilfe.


Wir wissen, liebe Freunde, wir Menschen können wohl viel diskutieren und wir sind imstande wahrhaftiges Interesse zu zeigen, doch im Ernstfall sind viele von uns ganz plötzlich blind und taub. Wir verstecken uns hinter diesem Deckmantel der Blind- und Taubheit, und unser Gewissen beruhigen wir, indem wir uns einreden, wir könnten sowieso nichts tun. Es ist gefährlich, sich einzumischen. Wir dürfen die Privatsphäre, das was sich hinter Tür und Angel abspielt, auf keinen Fall stören, geschweige denn aufdecken.


Ich möchte dieses Verhalten nicht verurteilen, liebe Freunde. Nein, denn dies ist menschlich und es braucht grossen Mut, sich einzumischen und sich für jemanden in einer solch prekären Lage einzusetzen.


Genauso menschlich jedoch für mich ist, wenn ein Kind unter diesen Umständen gewalttätig und zum Verbrecher oder zur Straftäterin wird. Denn es lernt, was ihm vorgelebt wird, nicht wahr?


Jeder Mensch wird geboren und trägt in seinem Innern ein Licht. Eine Flamme, die brennt. Eine Flamme der Liebe. Eine Flamme, die bei manchen von uns hell und kraftvoll strahlt. Eine Flamme, die jedoch in manchen von uns beinahe erloschen ist. Sie wurde im Kindesalter weder erkannt, noch gepflegt. Dieses kleine Flämmchen bekam die nötige Nahrung nicht, um einst hell und kräftig zu strahlen.


Und wenn wir uns gegenseitig verurteilen, dann wird diesem Flämmchen keine Nahrung gegeben, sondern wir werden es beinahe ganz zum Erlöschen bringen. Sollen wir in manchen Fällen verzeihen und verstehen und in manchen Fällen verurteilen und verachten? Würde eine gerechte und weise Richtinstanz sich so verhalten?


Ich sage nicht, dass wir die üblen Taten schön reden sollen oder gar jene Verbrecher*innen auf freien Fuss setzen sollen. Ich meine, wir könnten den Willen aufbringen zu verstehen, weshalb ein Mensch Schreckliches tat und weiter tun wird, wenn wir nicht umkehren. Manch einer von euch denkt an dieser Stelle: Recht geschieht dem üblen Verbrecher*in, wenn er oder sie verurteilt, verachtet und gehasst wird. Sie haben es nicht anders verdient!


Wenn ein Mensch aber aus seinem Herzen, aus seiner Seele erkennt und bereut, Verantwortung für seine Taten übernimmt und um Verzeihung bittet, dann hat er es verdient, angehört zu werden. Manch einer von euch mag jetzt denken, dass eine oder ein verurteilte*r Verbrecher*in dazu niemals fähig ist. 


Ich stimme zu, dass dies ein äusserst schwieriges Unterfangen ist.


Schwierig deshalb, weil dieser Mensch dafür ein kleines Fünkchen Verständnis braucht. Wie soll sie oder er denn ohne ein Flämmchen von Mitgefühl, lebend in einer Umgebung der Verurteilung und des Hasses, jemals aus tiefster Seele erkennen und bereuen können?


Lasst uns folgendes vorstellen:


Eines meiner geliebten Kinder würde vergewaltigt und getötet werden. Das wäre das Schlimmste in meinem Leben, ein geliebtes Kind auf diese Weise zu verlieren.


Niemals ist es mir möglich, genau zu wissen, was ich fühlen würde und wie ich handeln täte. Wie lange es dauern würde, bis meine Seele genesen könnte. Ob ich jemals imstande wäre, verzeihen zu können. Ob ich überhaupt noch leben könnte, oder all mein Glaube an die Liebe, all meine Hoffnungen verlieren würde und sich mein Licht verdunkeln täte. Ich ahne, für welchen Weg ich mich entscheiden würde, weil ich mich ziemlich gut kenne.


Wenn ich den üblen Täter auf tiefste Weise verachten und verurteilen würde, wäre dies der Weg, den viele verstehen könnten. Möglicherweise würde ich versuchen, den Verbrecher für seine schreckliche Tat, seines eigenen Lebens zu berauben.


Sollte mir das gelingen, würde aber durch dieses Verbrechen meinerseits, meine geliebte Tochter nicht mehr zu mir zurückkommen. Durch diese Tat, würde ich als Mörderin ins Gefängnis wandern. Durch diese Handlung, hätte ich meine andere liebe Tochter noch unglücklicher gemacht und sie im Stich gelassen. Ich hätte auch sie verloren. Ich hätte diese Aktion aus Rache verübt, aus Verzweiflung und tiefster Trauer. Ich könnte meine liebevolle und wohlbehütete Kindheit nicht als eventuellen Grund dafür angeben. Ich hätte Justitia in meine eigenen Hände genommen und würde durch diese Tat mit anderen Verbrechern und Verbrecherinnen leben müssen.


Vielleicht wäre es mir möglich, mir meine Straftat, vor allem die daraus schwerwiegenden Folgen, eines Tages zu verzeihen. Vielleicht würde es mir dadurch auch gelingen, dem Täter zu verzeihen und so wieder Frieden und Liebe in mir finden.


Liebe Freunde ich frage euch, wäre meine Tat, weil ihr sie versteht weniger schrecklich? Rechtfertigt sich diese Handlung durch die Tatsache, einen üblen Täter getötet zu haben?  


Wäre ich so eine Mörderin, die eurer Vergebung würdig ist?


Möglicherweise wäre dem so. Aber bitte bedenkt:


Wenn wir uns von Ursache und Wirkung befreien möchten, meine Freunde, dann können wir nicht den einen Menschen für die gleiche Tat verzeihen und den anderen nicht.


Wir können versuchen, allen Menschen, ob lieb oder weniger lieb, Verständnis entgegenzubringen. Gerade jene Menschen, die verachtet und verurteilt werden, haben dies am meisten nötig, denn sie haben in der Regel nie erfahren, was Liebe bedeutet. Und wir alle wissen, was Mangel an Liebe erzeugt. Vergesst nicht, der Mensch wird für viel Geringeres als für die schrecklichsten Handlungen verurteilt. Deshalb beginnt damit das kleinere Übel, welches euch verletzt hat, zu verzeihen.


Wir können uns daran erinnern, dass jeder von uns einst unschuldig und rein geboren wurde und ein Licht in sich trägt. Dieses Licht wird immer stärker und heller leuchten, wenn wir lernen uns zu achten und zu respektieren. Wenn wir lernen einander wirklich zuzuhören, einander versuchen zu verstehen und zu helfen.


Wenn wir lernen, uns aus tiefstem Herzen zu verzeihen und wahres Mitgefühl zu erlangen, wird dies einst mit grosser Wahrscheinlichkeit den potentiellen Verbrecher und die potentielle Verbrecherin in uns, an einer schrecklichen Tat hindern.


make a change and be this change for a better world.


In Liebe und Achtung mit euch

elba